Ehrenmal trauernde Heimat Meißenheim

Ehrenmal "Trauernde Heimat" von Professor Curt Liebich, errichtet 1929

Der deutsche Maler, Bildhauer und Grafiker, Curt Liebich wurde am 17. November 1868 in Wesel geboren. Gestorben ist Curt Liebich am 12. Dezember 1937 in Gutach.

In der Gemeinde Meißenheim wurde im Neubaugebiet Hellersgrund die Curt-Liebich-Straße nach ihm benannt.
Die Geschwister Hanne Neumeister und Georg Liebich waren bei der Straßeneinweihung in Meißenheim anwesend. Es sind zwei noch lebende Enkel von Professor Curt Liebich, der das Mahnmal neben der Meißenheimer Kirche entworfen hatte. Das trauernde Mädchen (von 1930) ist ein Zeichen für den Frieden.

Curt Liebich als Bildhauer

Die Bildhauerei zählte zum Spätwerk seines Lebens. Intensiv wandte er sich der Plastik der darstellenden Kunst in dreidimensinaler Form, erst im Alter von 55 Jahren wieder zu

Sein erster Auftrag nach der Ausbildung als Bildhauer in Berlin wurde ihm schon als Kunststudent in Weimar in einer höchst ungewöhnlichen Weise zu Teil. Der Hofmarschall des Großherzogs bat ihn um eine künstlerischen Beitrag zum Besuch des Deutschen Kaisers Wilhelm der Zweite, in Form der Wappen beider Fürstenhäuser.

Nach dem ersten Weltkrieg entwarf er 10- und 50 Pfennig Stücke, das Nortgeld für den heimischen Kreis, und schuf unter anderem eine Medaille für eine Rallye des ADAC.
Seine bildhauerische Tätigkeit begann jedoch mit dem Bronzerelief für das Grabmal seiner ersten Frau.

Tod und Trauer blieben auch weiterhin die zentralen Themen seines Schaffens in diesem bereich. Die Bildhauerei wurde ihm schließlich auch selbst zum künstlerischen Schicksal, als er im Dritten Reich auf besonders perfide Weise in dieser Sparte Berufsverbot erhielt. Seine Vorstellung von einem Denkmal als Mahnmal passte nicht in die herrschende Ideologie, und so wurde ihm sein künstlerisches Handwerk nach damaliger Praxis mit der Begründung „berufliche Unfähigkkeit“ gelegt.

Es ist nicht nur ein Kennzeichen unserer Zeit, dass sie ein gespaltenes Verhältnis zu den Kriegstoten und den Denkmälern aller Art hat. Das war auch nach dem ersten Weltkrieg so.
Dieses gespaltene Verhältnis zur eigenen Geschichte klingt darin mir durch, und so gab es auch damals um die richtigen Formen im Gedenken der Gefallenen, gerade in Denkmälern, manche Diskussion.
Die gemeinde Gutach im Kinzigtal ging darin nach dem Vorschlag Liebichs unter großen finanziellen Opfern seiner Bürger in einer schweren Zeit einen völlig neuen Weg, der Beachtung in ganz Deutschland und in den angrenzenden Nachbarländern fand.

Nicht Heldenpose, nicht Helden verehrung wie Kriegs- und Waffensymbolik, nicht Rechtfertigung und Verherrlichung menschlichen Opfers durch den Krieg wird darin in einem der gängigen Formen in den Mittelpunkt gestellt, sondern Trauer und Leid in der monumentalen Gestalt der Hinterbliebenen, der überlebenden Opfer des Krieges; das Denkmal als Mahnmal auch mit der stummen Frage nach dem Sinn des Opfers der Toten und der Hinterbliebenen oder letztlich nach dem Wahnsinn des Krieges. Und so ist es heute nach dem Zweiten Weltkrieg vielleicht mehr noch als damals zugleich eine Mahnung zum Frieden.

Das Denkmals „die trauernde Gutacherin“ umfasst sonst alles, was auch für die Kunst Liebichs typisch ist. Eine Gestalt aus dem Volk, die Tracht als örtliches und heimatlisches Symbol, Granit als heimisches Gestein, es ist alles Teil des Raumes, in dem die Toten gelebt haben und in dem die Angehörigen ihrer gedenken. Das ganze Szenarium von Auszug und Heimkehr, am Anfang Blumen geschmückt, aber auch mit dem Trommler Tod, und am Ende mit Krüppeln, dem Zorn üner die Niederlage, den Hiobsbotschaften, ist in heimischen Gestalten in den Seitenreliefs dargestellt, so wie es im Dorf gewesen ist, aber auch symbolisch für jeden anderen Ort.

Form und Inhalt waren keineswegs unumstritten. Ein !Weibsbild“ gehöre auf kein Kriegerdenkmal, fand mancher ganz empört zur damaligen Zeit. Die Gemeinde Gutach entschied sich dennoch für den Entwurf und die Arbeit Liebichs. Schon im ersten Jahr nach seiner Entstehung wurden mehr als 20.000 Besucher gezählt.

Nach der Errichtung des Gutacher Denkmals kamen zahlreiche Anfragen und Aufträge mit dem Wunsch nach einem ähnlichen Werk zum Gedenken an die Gefallenen auf Liebich zu. So entstand ein ganzer Zyklus von Denkmälern in inhaltlich verwandter Gestalt.

in Gutach mit der „trauernden Gutacherin“
in Schappach, „der trauernde Vater am Grab“
in Rhina bei Säckingen, „zwei Kriegswaisen am Grab des Vaters“
in Meißenheim, „trauernde Mutter mit Girlanden“
in Geisingen, „junge Frau in nachdenklicher Haltung“
in Dunningen (Württemberg) auf besonderen Wunsch eine „Madonna als Symbol der Mutter und des mütterlichen“
in Reichenbach bei Hornberg ein“heimisches Szenarium in einem Relief“

Liebichs Denkmäler sind trotz der Kriegswirren und des Wandels der politischen Ansichten im gegensatz zu vielen anderen erhalten geblieben und stehen bis auf eine Ausnahme an ihrem ursprünglichen Ort.

Quelle:
„Gutach/Heimat der Bollenhuttracht, Brauchtum und bäuerliche Lebenswelt, Künstlerkolonie“; Abdruck von der Gemeinde Gutach genehmigt.

Auch bei der Schaffung des Ehrenmals für die Weltkriegsopfer der Gemeinde Meißenheim ist Professor Curt Liebich seinem Ideal treu geblieben. Nicht Heldenpose, sondern Mahnmal für den Frieden und gegen den Krieg schuf er.
Das trauernde Mädchen aus dem Ried mit der für die hiesige Region typischen Tracht. Viele erblicken in dem Mädchen auch die trauernde Mutter oder Ehefrau, die um ihren gefallenen Sohn oder den geliebten Mann weint.

Den 54 Gefallenen des Ersten Weltkrieges errichtete im Sommer 1929 die Gemeinde Meißenheim dieses würdige Ehrenmal auf dem Vorplatz östlich der Kirche. Der Künsler Professor Curt Liebich schuf ein Standbild aus Bronze, das auf hohem Sockel stehend, sich würdig in das Gesamtbild der Anlage zum Grab von Frederike Brion einfügt. Ein Riedmädchen, in der Tracht des Dorfes, die trauernde Heimat darstellend, legt um den Stahhelm des Gefallenen auf einer abgebrochenen Säule den Kranz der Dankbarkeit. Diese abgebrochene Säule ist das Sinnbild des jäh abgebrochenen Lebens. Die Trauernde wird umrahmt von den Namen der Gefallenen und Vermissten der beiden Weltkriege.