Abgeordnete bekommen Unmut der Bürgermeister zu spüren

„Kein weiter so“, unter diesem Motto haben sich die Bürgermeister des Altkreises Lahr zum zweiten Mal mit den Wahlkreisabgeordneten der Region getroffen.

Unter dem Vorsitz von Bürgermeister Alexander Schröder aus Meißenheim hatten sich die Mitglieder des Bundestages Yannick Bury und Dr. Johannes Fechner der Diskussion mit den zwölf Gemeindevertretern aus der südlichen Ortenau gestellt. Dabei zeigte sich gleich zu Beginn der Diskussion, dass bei den Bürgermeistern eine große Unzufriedenheit mit der übergeordneten Politik in Bund und Land herrscht.

„Es kann nicht sein, dass ständig von übergeordneter Stelle Versprechen an die Bürger, verbunden mit Rechtsansprüchen, neuen Standards und neuen Aufgaben gemacht werden, die wir auf kommunaler Ebene dann umsetzen sollen“, führte Meißenheims Bürgermeister Schröder in die Diskussion ein und nannte als Beispiele die Kinderbetreuung. Die Betreuungsformen wie der Rechtsanspruch für 1-jährige Kinder oder der neu geschaffene Anspruch auf Ganztagsbetreuung an den Grundschulen wurden von Bund und Land beschlossen, die Kommunen müssen diesen Anspruch dann in ihrer Gemeinde umsetzen. „Uns fehlt es an allen Ecken und Enden an Fachkräften, dennoch werden den Kommunen immer neue Forderungen aufgebürdet, die kaum umsetzbar sind“, berichtet Bruno Metz aus Ettenheim. Dabei sind die Kosten für die Betreuung der Kinder in den letzten 10 Jahren um durchschnittlich 293 Prozent in den Kommunen gestiegen, während die Anzahl der Kinder um nur 20 Prozent im gleichen Zeitraum zunahm. „Da entsteht ein totales Missverhältnis“, waren sich die Bürgermeister der südlichen Ortenau einig.

Auch beim viel zitierten Thema Abbau der Bürokratie ist die Sicht vor Ort in den Kommunen eine völlig andere, als es von Bundes- und Landesregierung gerne gepredigt wird. „Wir beschäftigen mittlerweile nur noch Gutachterbüros, die viel Zeit und Geld verschlingen“, echauffierte sich Dietmar Benz aus Mahlberg: „Ich bin seit 3 Jahrzehnten Bürgermeister aber heute dauert jedes noch so kleine Verfahren vier Mal länger als früher, das sorgt auch bei den Bürgern für großes Unverständnis“, gibt sich Dietmar Benz nachdenklich.

Einen großen Raum nahm bei der Diskussion mit den Abgeordneten die Flüchtlingsunterbringung ein. Die Kommunen der südlichen Ortenau kämpfen allesamt mit großer Wohnungsnot. Die Bürgermeister erinnerten die Abgeordneten an das gemeinsame Positionspapier des Gemeindetages Baden-Württemberg für eine realitätsbezogene Flüchtlingspolitik. Demnach sollen beispielsweise Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive nicht mehr auf die Kommunen verteilt werden. Gleichzeitig sollen die Abschiebungen für die Flüchtlinge ohne Bleiberecht stärker durchgesetzt werden. „Die Flüchtlingsunterbringung ist für uns Kommunen nicht mehr zu bewältigen“, waren sich alle Bürgermeister einig. „Wir haben in den letzten Jahren enorme Anstrengungen unternommen und Gebäude und Unterkünfte für Geflüchtete geschaffen“, berichten die Bürgermeister Matthias Gutbrod und Erik Weide. „Wir können aber nicht so weitermachen wie bisher, denn es gibt schlicht und einfach keine Unterbringungsmöglichkeiten mehr und auch die Integration und die Betreuung ist für die Verwaltungen und ehrenamtliche Organisationen nicht mehr leistbar“, erinnert Andreas Heck aus Hohberg. „Wir verlieren als Land auch völlig an Glaubwürdigkeit, wenn es nicht möglich sein soll, straffällige Flüchtlinge auch abzuschieben“, berichten mehrere Bürgermeister aus der südlichen
Ortenau.

Die Abgeordneten Yannick Bury und Dr. Johannes Fechner zeigten beide großes Verständnis für die Anliegen der Kommunen und sagten zu, dass sie die Stimmungslage und die Probleme vor Ort in ihre jeweilige Fraktion weitergeben wollen. „Gerade bei der Flüchtlingspolitik muss es künftig weitreichenden Änderungen geben“, stellten die beiden Abgeordneten in Aussicht.